Seit dem letzten Monat beschäftige ich mich mit dem Thema Minimalismus. Ich habe so das Gefühl, dass ich kaum noch mit dem overload, den ich mir geschaffen habe, atmen kann.
Ich kenne das Gefühl eher aus sehr engen Beziehungen, bei denen ich auch das Gefühl habe, dass mir die Luft wegbleibt, für mich und für meine Ideen. Das kaum Zeit habe für meine Ideen.
Dieses Gefühl mit dem Overload wird durch meine Arbeit verstärkt. Mehr Projekte, mehr Verantwortung und ich kann selten bis schlecht nein sagen, weil ich das Gefühl habe Mitverantwortung zu tragen, dass es allen um mich herum besser geht. Das Thema „sich abgrenzen“ können, ein Dauerthema.
Das Thema Minimalismus war / ist mir nicht neu, ich habe schon vor etlichen Jahren, aus einem ökologischen Hintergrund angefangen, alltägliches zu minimalisieren. Angefangen hatte es sehr klein im Bad. Von flüssiger Seife zu Festseife für Hände, Kopf und Haar. Statt einem normalen Rasierer der Wechsel zu einem Rasiermesser. In der Küche, von Plastikbeuteln, der Übergang zu Stofftaschen und Stoff-Gemüsenetzen.
Diese damaligen Gedanken formten für mich einen sehr starken Leitsatz: „Do not harm the environment“ – Schade nicht deiner Umgebung/Umwelt/Umfeld. Eigentlich sehr einfacher Satz, in dem so viel meiner Ansicht nach steckt.
Den umgekehrten Gedanken ist aber auch, „schade dir nicht selbst“, diesen habe ich in diesem Jahr sehr stark lernen müssen, durch meinen Dailyjob.
„Es ist ein bisschen wie abschied nehmen“, dieses Gefühl stellte sich die letzten Tage stark ein, während ich angefangen habe, in meiner Wohnung auszusortieren. In dem Buch „Minimalismus für Dummys“ gab es eine Passage zu Gegenständen, die mit vielen Erinnerungen behaftet sind, dass man sich für die Zeit, die einem die mit diesem Gegenstand Erinnerungen zurückbringt, sich bedankt und dann den Gegenstand entsorgt.
Bei dieser Aufräum- und Ausräumaktion wurde mir bewusst, wie viele Liebesbriefe ich gesammelt habe, wie viele Kleinigkeiten, wie viele Postkarten und andere Erinnerungsstücke in meinen Schränken lagen. Ich habe jedes einzelne Stück in die Hand genommen, habe kurz in Erinnerungen geschwelgt, mich innerlich für diese Zeit bedankt und den physischen Gegenstand entsorgt. Für mich ist dabei nicht unbedingt die Idee, die Erinnerung damit auszulöschen, sondern Raum zu schaffen für das Hier und Jetzt. Und Erinnerungen, brauchen nicht an einem Gegenstand zu kleben.
Die Wohnung wird immer großer, weil die Anzahl an Gegenstände abnimmt.
Am schwersten fällt es mir, Abschied von den Büchern zu nehmen, weil ich neue Ideen für den Arbeitsraum habe. Früher, als ich für den Raum das Konzept entworfen habe, wollte ich es wie Fausts Studierzimmer aussehen lassen. Eng, voll von Wissen, der Raum durfte sehr drückend wirken und Chaos in sich haben. Heute ist das nicht mehr ein Gefühl, was sich gut anfühlt. Aktuell fühlt sich der Raum mehr nach einer Kulisse an, die mehr danach Aussicht, als sie wirklich ist. Jetzt werden Bücher verschenkt, entsorgt und in Bücherschränke gebracht.
Es entstehen auch neue Routinen aktuell und ich bin sehr gespannt, wohin mich dieser Weg führt. Diese Reise motiviert mich mehr, je mehr ich vieles loslasse und ich merke, auch wie sich meine Lunge mehr mit Luft füllt.